Gundula's Blog

Warum man ein Pferd niemals aufgeben soll

Eine wichtige Botschaft: Man soll niemals ein Pferd aufgeben, nur weil es in irgendeiner Hinsicht schwierig ist – sondern den Problemen auf den Grund gehen. / Symbolfoto: Archiv

Liebe Leute, ausnahmsweise möchte ich heute ein Schreiben, dass ich vor kurzem bekommen habe, mit Euch teilen. Es ist von einer jungen Pferdefreundin, die mich ansprach, ob ich ihrem Pferd, mit dem sie vielerlei Probleme hatte, helfen könne.

Aber lest selbst:

„Liebe Gundula,
Der große Fuchs trat 2018 in mein Leben. Es war sicher keine Liebe auf den ersten Blick.

Als ich ihn das erste Mal an einem Abend sah, fiel mir nur auf, dass er riesig, verschreckt, abgemagert und unbemuskelt ist. Dazu hatte er eine dreckige und zerrissene Decke und stand in einer viel zu kleinen Box.

Damals wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass ich diesen hässlichen Schwan mal so schätzen werde.
Nach einiger Überzeugungsarbeit meiner Mutter stieg ich auf den Großen auf und fühlte mich sofort wohl, ohne genau zu wissen warum – ich fühlte mich sicher und zuhause.

Die Entscheidung war gefallen und wir kauften dieses Pferd. Natürlich zogen wir auch in einen neuen Stall.

Ich kam nicht zurecht, baute zunehmend Angst vor meinem Buben auf und so wurden wir beide zunehmend unsicherer.

Bei ihm äußerte es sich in Losreißen am Putzplatz, Durchgehen in der Reithalle – bei allem Unbekannten blockierte er gleich! Er rannte mir regelmäßig über die Füße, stieß mich um. Und nicht nur ich, auch der Hufschmied hatte mit ihm zu kämpfen. Wenn ich ihn abbandagierte und die Bandagierunterlagen ausbeutelte, erschrak mein Großer und fing an zu zittern.

Vielleicht ist es auch wichtig zu wissen, dass er ein ausrangiertes Springpferd ist, das mit Druck nicht umgehen konnte und immer ängstlicher wurde. Schnelle Bewegungen – ob mit Gerte oder sonstigem – stressten ihn, und auch schon leichte Berührungen mit einer festen Bürste waren zu viel für ihn.
Sah er Sprünge, dann konnte man seine Reaktion mit einer Panik-Attacke vergleichen. Alles andere als ein entspanntes ,Handling‘ dieses Pferds.

Dies zog sich mehr oder weniger über die folgenden zwei Jahre, bis ich mich dazu entschloss ihm eine Auszeit zu geben. Er kam für ein halbes Jahr auf die Koppel.

Doch meine Sehnsucht wurde so groß, dass ich ihn zurückholte. Und, wie es das Schicksal wollte, kamen wir in den Stall, wo auch Du (Gundula) mit Deinen Pferden stehst.

Ich weiß nicht, ob Du es mitbekommen hast, aber auch hier war mein Fuchs nicht gerade ein einfaches Pferd.

Nachdem ich Dich mit Deinen Pferden arbeiten sah, beschloss ich Dich mal anzusprechen mit wem Du trainierst. Denn es sah so einfach und spielerisch aus. Wenn auch Du sehr konsequent warst, vielleicht am besten ausgedrückt liebevoll konsequent! Ich beobachtete, wie Deine Pferde Dir zu gefallen versuchten, wie Du sie immer gelobt und gestreichelt hast. Leistung abverlangt, aber immer fair!

Das wollte ich auch, und beschloss auch mit Bodenarbeit anzufangen. Doch ich hatte keine Ahnung wie und was.

Wir hatten uns ja schon öfter über alles Mögliche unterhalten, aber ich hatte nie mitbekommen, was Deine Arbeit ist.

Irgendwann wusste ich mir nicht mehr zu helfen, und nachdem auch der Moment passend war, fragte ich Dich, mit wem du am Boden arbeitet bzw. wer hier in diesem Stall ein vernünftiger Trainer ist. Deine Antwort kam prompt: „Ich mache das selbst. Das ist mein Job! Ich bringe Pferde gerne erstmals am Boden viel bei, bis ich in den Sattel steige. Erstens tun sie sich leichter, wir fangen an die gleiche Sprache zu sprechen und es baut Vertrauen auf. Im Sattel kann ich dann das schon gelernte noch mehr verfeinern.“ Dieses Konzept gefiel mir!

Anfangs wusste ich nichts von Deiner Arbeit. Ich vermute das hast Du auch bemerkt und mir dann noch die Webadresse deiner Homepage gegeben Du meintest , ich solle mir ein eigenes Bild machen.
Ich will ehrlich sein, ich war anfangs sehr skeptisch. Denn es laufen viele herum, die meinen sie können was.

Ich beschloss es mal zu probieren. So hatten wir unsere erste Einheit. Das war im November 2020.
Anfangs hatten wir nur sehr selten Einheiten, da ich von dem Schlag Reiter komme, die meinen, dass es nur Reiten gibt und nichts darüber hinaus.

So kam es dazu, dass unser Sattel im Frühjahr 2021 nicht mehr passte und wir die Einheiten am Boden intensivierten.

Ich kann Dir nur Danke sagen, denn seit dieser Zeit hat mein Pferd sich um 180° gewandelt. Er ist viel selbstsicherer und ruht mehr in sich selbst. Wartet auf Anweisungen und wird auch oft kreativ bei der Ausführung der geforderten Übungen. Auch wird er immer mehr zum Klassenclown – im positiven Sinne!

Körperlich - das brauch ich dir nicht zu erzählen – kann ich auch einige Veränderungen wahrnehmen. Sein Zittern in den Vorderbeinen ist nicht mehr zu sehen. Und Danke für die ganzen logischen Erklärungen, woher körperliche Probleme kommen und wie ich ihn aber auch wieder aus denen herausführen kann. Denn das ist für mich das wichtigste – die Dinge zu verstehen und dann auch damit so umzugehen, dass ich ihn ganz lange gesund halte bzw bringe!

Mein Großer fängt endlich an zu zunehmen, und auch muskulär hat sich in dieser Zeit einiges getan. Kurz um, ich kann deine Arbeit, dein Konzept wie manage ich körperliche Probleme, wie komm ich aus dem Teufelskreis raus, aber auch wie kann ich das Pferd für mich gewinnen und motivieren, nur jedem ans Herz legen und erzähle auch gerne meinen Freunden und Bekannten von meinen Erfahrungen. Ich spreche auch für mein Pferd, wenn ich sage, dass wir froh sind diesen Weg eingeschlagen zu haben."

Dass ich mich über dieses Feedback sehr gefreut habe, muss ich wohl nicht extra betonen. Und ich finde, dass man daraus auch eine allgemeingültige Botschaft mitnehmen kann: nämlich niemals ein Pferd aufgeben, nur weil es in irgendeiner Hinsicht schwierig ist – und stets versuchen, den Problemen auf den Grund zu gehen und dabei auch die Hilfe und Unterstützung von Fachleuten in Anspruch zu nehmen.

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