Sitzananalyse
Gundula Lorenz mit ihrem Pferd Fabiola
Gundula's Pferd Chicco
Gundula's Pferd Fabiola
Gundula's Pferd Chicco & Gundula

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Anfängliche Taktunreinheiten beim Pferd ernst nehmen

Ein gutes ,Embodiment' schützt vor Verletzungen. / Foto: Katharina Gerletz

Anfängliche Taktunreinheiten beim Pferd sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen – und auch der Spruch  „Der muss sich erst einlaufen…“ ist keiner meiner Lieblingssätze. Sicher hat jede/r von Euch diese Aussage in Bezug auf Pferdebewegung schon einmal gehört. Ich möchte Euch mal ein bisschen Hintergrundwissen geben, um diesen Satz kritischer betrachten zu können.

Der beginnende Faszien-Boom 2007 ist – glaube ich – an niemanden vorüber gegangen. Zur Erinnerung: Faszien sind alle fasrigen Bindegewebsstrukturen, die den Körper – auch den tierischen Körper – wie ein Netz umhüllen, durchdringen und auch strukturieren. Man kann sich das etwa wie die weiße Haut bei einer Orange vorstellen. In diesen Faszien sind Rezeptoren, die unter anderem die Bewegung, Stellung und Lage des Körpers im Raum melden. Darüber hinaus sind sie auch für die Meldung von Schmerzsignalen zuständig.

Im Zuge der Faszienforschung entdeckte man die sogenannten WDR Neuronen (Wide-dynamic-Range-Neurone), die verschiedene somatosensorische  ( „die Körperwahrnehmung betreffende“) Informationen aus der Peripherie aufnehmen. Sie können u.a. Temperatur, mechanische Reize und auch Schmerz melden. Vereinfacht ausgedrückt: Melden sie Bewegung, dann sind sie beschäftigt und können keinen Schmerz melden.

Kennt Ihr das: Ihr stoßt Euch irgendwo an und reibt diese Stelle – sofort wird es vom Schmerz her leichter. Oder ein anderes Beispiel: Wenn ich mir als Kind weh getan habe, hat meine Mutter draufgeblasen, sanft über die Stelle gestreichelt, und schon war alles wieder gut und ich spielte weiter.

Genauso funktionieren die WDR Neuronen: Sie melden entweder Schmerz oder Bewegung – in den Beispielen wurde die Haut bzw die einzelnen Schichten hin und her bewegt – und so konnte Bewegung gemeldet werden, und das Schmerzempfinden nahm ab: ein genialer „Trick“ der Natur!

Ihr erkennt den Zusammenhang mit dem Satz „Der muss sich nur einlaufen …..“: Holt man ein Pferd aus der Box, hat man das Gefühl, der läuft nicht ganz rein. Doch je mehr er sich bewegt, desto besser wird es. Er läuft sich quasi warm, wird geschmeidiger in seiner Bewegung. Auch hier kommt u.a. zum Tragen, das jetzt Bewegung gemeldet wird. Wir kennen alle das Einlaufen bei spatigen Pferden.

Das bedeutet aber auch, dass sich hinter diesem Einlaufen etwas versteckt, das genauer betrachtet werden sollte. Nicht immer findet der Tierarzt einen konkreten Befund, dann kann es sich auch „nur“ um ein unausgewogenes Muskelkorsett handeln, sprich: ein ungleiches Verhältnis zwischen Beuger und Strecker und somit Verkürzungen. Da kann eine genaue Bewegungsanalyse und ein individuell erarbeiteter Trainingsplan Abhilfe schaffen.

Da aktive Bewegung die Schmerzbekämpfung effektiv unterstützt, sollte man wirklich einen Plan vom Aufbautraining haben und keinen übertriebenen Ehrgeiz an den Tag legen. Denn sonst können leicht erneut falsche Bewegungsmuster entstehen, die oft muskuläre Dysbalancen und erneute Schmerzen nach sich ziehen, und die Situation kann sich noch weiter verschlechtern.

Jetzt versteht Ihr bestimmt, warum ich den Satz „Der muss sich erst einlaufen…“ kritisch sehe und Taktunreinheiten immer sehr ernst nehme und mir diese Pferde immer genau ansehe. Denn man kann sich das geschilderte Phänomen sogar zunutze machen, aber mit Köpfchen!

Artikel vom 20.04.2021 auf ProPferd.at

 

 

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